Das Pultrusionsverfahren ist eine typische Methode zur Herstellung faserverstärkter Kunststoffe. Der auch als Strangziehverfahren bekannte Prozess eignet sich in erster Linie für die Anfertigung von Rohren, Stäben oder Rahmen, also Profilen jeglicher Art. Während der Pultrusion wird die Grundsubstanz, die zugeführten Fasern, mit einer Harzmatrix imprägniert. Im Anschluss folgen die Aushärtung und der Zuschnitt. Durch die Zugabe von Additiven können die Eigenschaften des Endprodukts anwendungsgerecht ausgelegt werden. Wodurch sich das Pultrusionsverfahren auszeichnet und worauf zu achten ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Anforderungen der Branchen gezielt erfüllen

In vielen Bereichen gibt es einen hohen Bedarf an Faserverbund-Kunststoffen. Baugruppen und einzelne Komponenten sollen möglichst leicht und gleichzeitig mechanisch hoch belastbar sein. Zudem sind Merkmale wie Brandschutz- und Isolationswirkung gefragt.

Der Einsatz solcher spezialisierten Elemente aus Verbundwerkstoffen ist für zahlreiche Branchen elementar, zum Beispiel für die Automobil- oder Transportbranche, Luftfahrt, Bau oder Energie. Auf der Basis einer gezielt gewählten Zusammensetzung – der Mischung aus Harz, Füllstoff, Additiv, Härter, Beschleuniger etc. – lassen sich per Pultrusionsverfahren Bauteile erzeugen, die verschiedenste Anforderungen erfüllen.

Das Verstärkungsmaterial bzw. die Armierung (Gewebe, Matten, Vliese) wird dem Pultrusionsprozess aus einer Art Warenlager heraus zugeführt. Faserverstärkte Kunststoffe können basieren auf:

  • Glasfasern,
  • Kohlenstofffasern,
  • Aramid (Kevlar)
  • oder Basaltfasern.

Im weiteren Verlauf der Pultrusion werden die Fasern in einer Wanne oder Tränke durch eine Kunststoffmatrix geführt. Dieser Prozessschritt kann alternativ in einem geschlossenen System per Injektion erfolgen. Hierbei zeigt sich eine höhere Effektivität der Imprägnierung bei gleichzeitig minimalen Verdampfungsverlusten, was ein Vorzug im Hinblick auf die Arbeitssicherheit und den Umweltschutz ist.

Die Matrix sorgt dafür, dass die „Werkstoff-Zutaten“ fest und beständig zusammenhalten. Darüber hinaus beeinflusst sie die Eigenschaften des späteren Endprodukts. Die bekanntesten Matrixtypen sind:

  • Polyesterharz
  • Epoxidharz
  • Phenolharz

Letzteres kommt dann zur Anwendung, wenn es um die Erreichung hoher Temperatur- bzw. Flammbeständigkeit geht.

Unter Zugabe von Additiven wird auf den Pultrusionsprozess an sich und auf die Ausprägung der Produkteigenschaften Einfluss genommen. Verfahrensorientierte Additive verhindern beispielsweise, dass es zu Rissbildungen kommt, die durch schnelles Schrumpfen beim Aushärten verursacht werden. Funktionsverbessernde Additive und ausgewählte Nanopartikel steuern die Eigenschaften, die die Kunststoff-Profile oder -Rohre aufweisen sollen: mechanische Belastbarkeit, Korrosionsbeständigkeit, Stabilität, Langlebigkeit u. v. m.

Pultrusionsverfahren: Ideal für große Mengen und Längenmaße

Der Pultrusionsablauf setzt sich im Wesentlichen aus folgenden Stationen zusammen:

  • Material bereitstellen (Fasern einziehen)
  • Vorformen
  • Imprägnieren
  • Aushärten (unter Wärme, UV-Strahlung)
  • Abtrennen

Während des Verfahrens stehen die Fasern und damit das in der Entstehung befindliche Profil unter hoher Zugspannung. Mit der Führung des Materials durch ein beheiztes Werkzeug kommt es zur Aushärtung. Im Anschluss wird der quasi endlose Strang per Sägeeinheit auf die gewünschten Dimensionen zugeschnitten. Das Pultrudieren läuft wie am Fließband. Die fertigen Erzeugnisse sind vollständig ausgehärtet und formstabil.

Sind die Parameter erst einmal definiert, lassen sich in großen Mengen und in unterschiedlichsten Abmessungen Kunststoffteile in gleichbleibender Qualität mit zuvor festgelegten Querschnittsgeometrien produzieren. Produkte wie

  • Stäbe,
  • Rohre,
  • Fensterrahmen,
  • Leitern
  • etc.

können auf diese Weise automatisiert und in einem kontinuierlichen und stabilen Verfahren hergestellt werden. Dies zeigt, dass die Pultrusion im Vergleich zu anderen Herstellungsmethoden für eine erhebliche Kosteneffizienz steht.

Das Für und Wider des Pultrusionsverfahrens

Der Werkzeugbau macht es möglich: Bezogen auf Ihre Branche können die Pultrate so gestaltet werden, dass diese optimal auf Ihre Anforderungen abgestimmt sind. Die Querschnitte der Erzeugnisse können rund, halbrund, rechteckig oder hohl sein sowie einen Winkel, ein Doppel-T und Sonderformen bilden. Der Gestaltungsfreiheit sind kaum Grenzen gesetzt. Das Pultrusionswerkzeug bietet zudem einen hohen Grad an Präzision bei der Herstellung verschiedenartiger Kohlefaser- oder Glasfaserverbünde.

Die ist eine Übersicht der Vorteile des Pultrusionsverfahrens:

  • Gestaltungsfreiheit in Bezug auf Querschnitte und Profilformen,
  • Großserienreife,
  • konstant hohe Qualität dank kontinuierlicher Prozesse,
  • besondere Längen und Formate sind realisierbar,
  • die Zugabe von Nanopartikeln und anderen Additiven ist unproblematisch,
  • die Automatisierbarkeit des Herstellungsprozesses ist als hoch einzustufen.

Die Kehrseite der Medaille ist schnell hergeleitet: Das Pultrusionsverfahren eignet sich nicht für die Herstellung von Kleinteilen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass im Anschluss weitere Arbeitsschritte nötig sind, um die mit Glasfasern oder mit Carbonfasern verstärkten Kunststoffprodukte zu finalisieren. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass die Hauptanwendung der Pultrusion in der Herstellung von Halbzeugen liegt.

Im Vergleich dazu sind andere Verfahren eher für Einzelfertigungen und kleinere Stückzahlen geeignet. Als Beispiel sei das Faserspritzverfahren genannt. Bei diesem Prozess arbeitet man mit offenen Formen. Harz und Fasern werden mittels einer Spritzanlage verteilt. Hierbei sind vielseitige Bauteilformen möglich, deren Fertigung allerdings einen höheren Einsatz an Zeit und Personal erfordern.

Die Einbringung der Additive in das Pultrusionsverfahren ist – einfach

Dem bereits genannten Vorteil des einfachen Hinzufügens von Additiven möchten wir noch etwas näher betrachten. Faserverbundstoffe bieten viele teils konträre Eigenschaften in einem Produkt, die einzelne Materialien nicht bieten können. Diese Ausrichtung und Kombination gewünschter Merkmale für die jeweilige Anwendung lässt sich durch die Beigabe von Zusatzstoffen gezielt steuern.

Zum Beispiel können durch den Einsatz von Nanomaterialien oder Nano-Batches die mechanische und thermische Belastbarkeit sowie die Korrosionsbeständigkeit der Kunststoffprofile signifikant erhöht werden. Bereits geringe Mengen können für eine Steigerung der Festigkeit und Beständigkeit des Verbundwerkstoffs sorgen, die im zweistelligen Prozentbereich liegt. Und die Erfahrungen in diesem Bereich zeigen, dass die Nanoadditive problemlos einzubringen sind, ohne dabei bestehende Prozesse zu unterbrechen.

Je nachdem, welche Attribute für die Produkte oder Halbfertigprodukte erzielt werden sollen, führen entsprechend gewählte Nanopartikel zu optimalen Resultaten.
Wir fassen zwei Fälle für Sie zusammen:

  • Mit dem Einsatz von hochkonzentrierten nanoskaligen Hartmetallpulvern (z. B. Wolframtrioxid, Wolframcarbid) werden bei der Fertigung von Verbundwerkstoffen deutlich geringere Füllstoffmengen benötigt. Mit der optimalen Auswahl und durch die gezielte Kombination mit anderen Stoffen sind Additive, die auf Wolframpulver basieren, äußerst vielseitig anwendbar. Aus diesem Grund bieten sie ein hohes Maß an Flexibilität bei der Herstellung strapazierfähiger Composites für ein breites Einsatzspektrum.
  • Auf Siliciumoxid oder Siliciumcarbid trifft man in spezialisierten, anspruchsvollen Bereichen. Die Entwicklungsarbeit an einer Siliciumcarbid-Verbundkeramik im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt führte zu einer innovativen Lösung. Die dort hergestellten Hitzeschutzkacheln für Raumfahrzeuge wurden bereits erfolgreich getestet. Außerdem ist die Verwendung für Bremsscheibenmaterial im Fahrzeugbau eine Option für diese speziellen Verbundkeramiken, da ihre Bruchzähigkeit höher liegt als bei Metallen, deren Anwendung in diesem Segment bisher üblich ist.

Das Pultrusionsverfahren eröffnet viele Möglichkeiten

Die ergebnisorientierte Steuerung von Faserverstärkung, Harzsystem und Profilquerschnitt machen das Pultrusionsverfahren zu einem zuverlässigen Fertigungsverfahren für Hochleistungs-Kunststoff-Profile. Die mit Glasfasern und anderen Fasern verstärkten Kunststoffe sind vielseitig einsetzbar und verfügen bei großer Robustheit über ein vergleichsweise geringes Gewicht.

Diese Eigenschaften in Kombination mit weiteren erforderlichen Charakteristika sind in der Luftfahrt und anderen Bereichen der Verkehrstechnik sehr gefragt. Leichtbau lautet die Devise. Ob Formteile, Rotorblätter, Rohre, Tank- oder Fahrzeugbau, die Pultrusion trägt für viele Industriezweige zur Versorgung mit speziellen Bauteilen und Komponenten bei. Die Entwicklungen in dieser Werkstoffgruppe werden immer wieder neue Perspektiven eröffnen.

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