Polyurethane – kurz PUR – sind Kunststoffe oder Kunstharze, die besonders vielseitig einsetzbar sind. Denn PUR kann je nach Herstellungsmethode hart und spröde oder weich und elastisch sein. Das „Multitalent“ Polyurethan bildet seit seiner Erfindung Anfang des 20. Jahrhunderts die Grundlage für zahlreiche Produkte, die in verschiedenen Branchen Einsatz finden. Zunächst wurde es vorwiegend als Dichtungsmaterial und bei der Herstellung von Matratzen eingesetzt. Doch die Entwicklung hat bewiesen, dass PUR mehr kann. In diesem Beitrag beleuchten wir die Textilbeschichtung mit Polyurethan.

Polyurethan, einer der vielseitigsten Kunststoffe

Polyurethane entstehen aus einer Polyadditionsreaktion von Polyolen mit Isocyanaten als Härter. Je nach Wahl der Polyolkomponente weist das Endprodukt verschiedenartige Eigenschaften auf. Hier liegt das große Potenzial von PUR: seine Merkmale sind bei der Produktion je nach gewünschter Anwendung steuerbar. Die Ausgangsstoffe beeinflussen darüber hinaus, ob lineare oder vernetzte Polymere entstehen.

Diese Vielseitigkeit bildet die Grundlage für den Erfolg des Werkstoffs. Bis 2002 lag der weltweite Verbrauch von Polyurethan bereits bei 9 Mio. Tonnen. 2011 wurden allein in Deutschland knapp 1 Mio. Tonnen produziert. Am Beispiel der Matratzenherstellung lässt sich die Leistungsfähigkeit bzw. Skalierbarkeit des Kunststoffs gut veranschaulichen. Je nach Herstellungsprozess können Produkte mit geringem oder höherem Härtegrad entstehen.

Neben dem anteilig größten Einsatzzweck als Schaum zum Abdichten und zur Dämmung finden wir Polyurethane in vielen Erzeugnissen, Komponenten und Bauteilen, sowohl im Endkundensegment als auch in der verarbeitenden Industrie. Eine Auswahl:

  • Dichtungen, Schläuche, Vergussmassen,
  • Schuhsohlen, Kunstlederprodukte, Outdoor-/Schutz-Bekleidung,
  • Schaumstoffe, Kissen, Matratzen, Fahrradsättel,
  • Fußböden, Hartschaumplatten, Folien, Drainageschichten,
  • Lacke, Klebstoffe, Imprägnierungen,
  • Autositze, Armaturenbretter, LKW-Planen, Zelte usw.

Die Liste ließe sich weitreichend fortführen, wir möchten hier jedoch das Augenmerk auf die Textilindustrie richten. Der Bedarf an beschichteten Flächengebilden wächst parallel zu den sich ergebenden Möglichkeiten, neue Produkteigenschaften realisieren zu können.

Optimierung von textilen Materialien

Die Anforderungen der modernen Welt und damit der Verbraucherinnen und Verbraucher lässt der Textilbeschichtung Polyurethan eine Schlüsselfunktion zukommen. Innovative Funktionalitäten textiler Flächengewebe und Fasern sollen und müssen unterschiedlichen Wünschen und Aufgabenstellungen gerecht werden. Zu den „Grundbedürfnissen“ im Hinblick auf Textilien für den Menschen und dessen Wohnumfeld zählen auf den vordersten Plätzen der Schutz vor Nässe, Wind, Kälte und UV-Strahlen.

Die geforderten Merkmale können in der Regel nicht von den Fasern und textilen Strukturen als solche erfüllt werden – unabhängig davon, ob es sich um Naturfasern oder synthetische Fasern handelt. Deshalb werden Textilien mithilfe von Imprägnierungen, Kaschierungen, Beflockung oder per Textilbeschichtung Polyurethan so ausgerüstet, dass sie den äußeren Einflüssen standhalten und entsprechende Wirkungen zeigen:

  • Schmutz, Wind, UV-Strahlen und Nässe abweisen,
  • trotzdem atmungsaktiv funktionieren,
  • über eine angenehme Optik und Haptik verfügen,
  • antistatisch oder antimikrobiell wirken,
  • mechanische Festigkeit aufweisen,
  • pflegeleicht und langlebig sind, nicht knittern und
  • Flammschutz oder weitere Attribute bieten.

Um diese Eigenschaften erzielen zu können, werden in unterschiedlichen, gegebenenfalls mehreren Produktionsschritten Kunststoffschichten (PVC, Polyurethan etc.) auf ein textiles Trägermaterial aufgebracht. Im Wesentlichen gibt es zwei Herangehensweisen:

  1. Auftrag eines Feststoffs …
    a) durch Laminierung oder Flammkaschierung, z. B. von vorgefertigten Folien,
    b) oder Veredelung bzw. Optimierung über das Einstreuen von schmelzbaren Kunststoffen und deren Verdichten auf dem textilen Flächengebilde.
  2. Auftrag einer Flüssigkeit
    Die Applikation erfolgt aus flüssiger Phase, z. B. von Kunststoffen in organischen Lösungsmitteln, von wässrigen Dispersionen oder Plastisolen.

Darüber hinaus ist zwischen direkter Beschichtung und Transferbeschichtung zu unterscheiden. Bei der Transferbeschichtung oder beim Umkehrverfahren, wie der Prozess ebenfalls genannt wird, wird der Beschichtungsstoff zunächst auf ein Trennpapier aufgetragen und ausgehärtet. Erst im Anschluss wird das textile Gewebe damit kaschiert.
Die Vorteile dieses Verfahrens bestehen in der verbesserten Steuerbarkeit des Auftrags und der Option, ein Gewebe mit einer individuellen Struktur versehen zu können.

Beispiel aus der Praxis: Kunstleder per Textilbeschichtung mit Polyurethan erzeugen

Das inzwischen recht bekannte und etablierte Lederimitat wird in mehreren Arbeitsschritten mit Polyurethan als Beschichtungsmittel hergestellt. Zunächst wird eine pastöse Lösung appliziert und im Anschluss das Textil durch Wasserbäder geführt, bis am Ende nur das PUR-Harz auf der Oberfläche zurückbleibt. Nach Auftrag und Finish der Textilbeschichtung aus Polyurethan steht ein Erzeugnis, das in seiner Erscheinung recht weich und voluminös ist, ähnlich wie wir es von echtem Leder kennen.

Technologie und Innovation gehen voran

Vor dem Hintergrund wachsender Ansprüche an Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ist auch in der textilverarbeitenden Industrie die Materialwissenschaft gefragt. Wie in vielen anderen Bereichen hängt die Optimierung der Verfahren und textilen Endprodukte in annähernd gleichem Maße von den Produktionsprozessen und den zum Einsatz kommenden Werkstoffen ab.

Gelingt es beispielsweise, Teilschritte der Textilbeschichtungs- und Veredelungsprozesse in einem Arbeitsgang zusammenzuführen, kann eine höhere Maschinenauslastung und in der Folge eine Reduzierung der Energiekosten erreicht werden. Die Weiterentwicklung wasserbasierter PUR-Technologien und die Modernisierung von Fertigungsanlagen stehen für eine Orientierung in Richtung Zukunftsfähigkeit, Gesundheits- und Klimaschutz.

Textilbeschichtung mit Polyurethan perfektioniert

Durch die Zugabe nanoskaliger Additive und polymerbasierter Konzentrate – in Form von Granulaten oder Pasten – sind die Produkteigenschaften der Textilien auf die jeweilige Anwendung – ob Outdoor, Automotive, Innenausstattung, Arbeitsschutz, Technik – individuell anpassbar. Auf diese Weise entstehen innovative Produktprofile, die die Erschließung neuer Märkte möglich machen. Durch die Ergänzung von Nanocomposites auf Metallbasis oder Masterbatches können zum Beispiel die mechanischen Eigenschaften signifikant verbessert werden.

Die enorme Vielseitigkeit der konditionierten PUR-Werkstoffe zeigt sich in einem weiteren Punkt: Bei der Entwicklung und Herstellung von Arbeits-, Regen-, Freizeit- und Sportbekleidung ist die Atmungsaktivität bzw. Wasserdampfdurchlässigkeit ein wichtiges Kriterium. Textilien der neuesten Generation sollen besser denn je Feuchtigkeit, in diesem Fall Schweiß, aus der Kleidung herausleiten. Gleichzeitig sollen Tropfen, die von außen einwirken, nicht in das Gewebe eindringen können.

Die Träger und Trägerinnen sollen schließlich vor Regen, Nässe, Schnee etc. geschützt sein. Polyurethan erfüllt diese und weitere relevante Merkmale als Textilbeschichtung:

  • wasserdicht,
  • abriebfest,
  • langlebig,
  • widerstandsfähig,
  • form- und farbstabil,
  • reißfest.

PUR, manche kürzen mit PU ab, steht lediglich in wenigen Disziplinen nicht an erster und überzeugender Position. Immer dann, wenn es darum geht, ein sehr leichtes und bei hohen Temperaturen angenehm zu tragendes Textilprodukt zu erzeugen, laufen Fluorcarbon-Verbindungen dem Textilbeschichtungsstoff Polyurethan den Rang ab. Die Gründe sind ein etwas geringeres Gewicht und Volumen. Ein Umstand, der bei Sport- und Freizeitaktivitäten ausschlaggebend sein kann.

Nanotechnologie für leistungsstarke Textilprodukte

In sensiblen Bereichen spielen zusätzliche Faktoren eine Rolle, die für die Sicherheit des Menschen von großer Bedeutung sind. Spezielle Bekleidungsstücke, wie Arbeitsschutzkleidung, medizinische Textilien oder persönliche Schutzausrüstungen, sollen vor Gefahren und Schäden bewahren, die durch:

  • Feuer,
  • Hitze,
  • Strahlung,
  • scharfe oder schwere Gegenstände,
  • Chemikalien etc.

entstehen können.

Deshalb ist es essenziell, die Möglichkeiten der Materialentwicklung auf dem Gebiet der Textilbeschichtung mit Polyurethan und anderen mittels Nanotechnologie voll auszuschöpfen:

  • Silber-Nanopartikel in Textilfasern oder als Finish zur antibakteriellen Ausrüstung.
  • Schmutzabweisende Ausstattungen von Textilien für den Outdoor-Bereich (Zelte, Sonnenschirme, Jalousien).
  • Bei entsprechender Wechselwirkung zwischen Nanopartikeloberfläche und Polymermatrix mechanische Eigenschaften deutlich verbessern.
  • Zudem können Funktionen wie Leitfähigkeit und Strahlenschutz in Fasern „eingebaut“ werden.

Bei der Realisierung anspruchsvollster Technologien sollte es ebenso selbstverständlich sein, dass die textilen Erzeugnisse angenehm und ohne Probleme auf der Haut zu tragen, gut zu pflegen oder waschbar sind. Von „intelligenten Textilien“ wird gesprochen, wenn die Integration erweiterter Funktionalitäten, wie z. B. Sensorik oder Datenübertragung, realisiert werden soll.

Entwicklungen in der Textilveredelung

Materialwissenschaft und Fertigungsbetriebe stehen vor großen Herausforderungen. Um die anspruchsvollen Ziele erreichen zu können, gilt es, den Fokus auf die intelligente Kombination geeigneter Werkstoffe, die genau dosierten Anwendung spezifischer Hilfsmittel und die Reduzierung der Arbeitsschritte auf ein Minimum zu legen. Zumal einige der angestrebten Produktmerkmale und -funktionen nicht unmittelbar kompatibel sind.

Moderne Nanowerkstoffe helfen Ihnen dabei, diese Anforderungen in Einklang zu bringen. Neben anderen Einflussfaktoren ebnet der Einsatz von Nanocomposites, zum Beispiel in Verbindung mit Textilbeschichtungen aus Polyurethan, den Weg zu erfolgversprechenden Produktentwicklungen, die über optimierte oder neuartige Eigenschaften verfügen. Weitere Vorteile liegen bei der geringen Dosierung der Additive und der guten Integrierbarkeit in bestehende Produktionsprozesse.

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